Jüdische Routen

Einzigartig in Italien dank ihrer Vielfalt und Anzahl, sind die jüdischen Stätten im Piemont eine unschätzbare Quelle, um die Geschichte der Gemeinde kennenzulernen, die sich ab dem 15. Jahrhundert dauerhaft in den Ländern des Herzogtums niederließ. Die Juden waren hauptsächlich in den städtischen Zentren angesiedelt und erhielten die erst am 29. März 1848 mit den von Carlo Alberto erlassenen königlichen Dekreten die bürgerlichen und politischen Rechte sowie die Möglichkeit, zivile und militärische Ämter zu bekleiden.

 

Zusammen mit der historischen Hauptstadt der Königreichs Savoyen, Turin, bieten heute den Besucher zwölf Städte im Piemont ihre Gotteshäuser, alten Ghettos, Friedhöfe und jüdischen Museen. Ein kostbares Erbe an Inschriften, Stuck und Intarsien, Objekten und Eirichtungsgegenständen der sakralen Kunst, die die im vorbestehenden Ghetto errichteten Synagogen und die nach der Emanzipation von 1848 errichteten Synagogen schmückten. Zu denen gehörten die Synagogen von Alessandria, Asti, Biella, Casale Monferrato, Carmagnola, Cherasco, Cuneo, Ivrea, Mondovì und Saluzzo: sie waren einfache Wohnräume und hatten keine erkennbaren äußeren Merkmale. Die Struktur blieb auch nach 1848 im Wesentlichen unverändert. Heute veranschaulicht eine Dauerausstellung die Synagoge in Asti und in Carmagnola führt ein multimedialer Pfad die Besucher durch die Geschichte der lokalen Gemeinschaft. In Biella befindet sich die Kultstätte im oberen Teil der Stadt, im historischen Dorf Piazzo. In Alessandria wird die Synagoge derzeit umfassend restauriert, ebenso wie der Tempio Piccolo in Ivrea. In der Provinz Cuneo sind die Synagogen von Cuneo und Mondovì sowie die kleinen Barockjuwelen von Saluzzo und Cherasco erhalten.

 

Die älteste piemontesische Synagoge aus der Zeit vor dem Ghetto liegt in Casale Monferrato. Sie wurde 1595 gegründet und eines der wertvolles jüdischen Zentren in Europa. Die Synagoge, die heute ein nationales Denkmal ist, ist mit ihrem prächtigen reich an hebräischen Inschriften, Zitaten, vergoldeten Stuck und Intarsiengewölben Gebetssaal ein echtes Meisterwerk des piemontesischen Barocks. Hinter den ziselierten Holzroste der beiden Emporen verbirgt sich die wertvolle Sammlung des Museums für antike jüdische Kunst und Geschichte (auch „Museo degli Argenti“ genannt). Im Untergeschoss, wo sich einst ein Ofen für ungesäuertes Brot befand, ist heute das Museum der Aufklärung (Museo dei Lumi) untergebracht, dass eine einzigartige Sammlung von 200 Chanukkahs (die rituelle achtarmigen Lauchter) von zeitgenössischen internationalen Künstlern zählt. 

 

Die jüdischen Gebäudekomplexe in Turin und Vercelli wurden nach der Emanzipation gebaut. Die Synagoge von Turin ist Sitz der größten jüdischen Gemeinschaft im Piemont und hat eine besondere Geschichte. Im Jahr 1861, nach der Gründung des Königreichs Italien, beauftragte die Gemeinde den berühmten Architekten Alessandro Antonelli mit dem Bau eines neuen Tempels. Als das geplante 47 Meter hohe Gebäude jedoch immer weiter wuchs, ohne fertiggestellt zu werden, überließ die Gemeinde das Gelände der Stadtverwaltung im Austausch gegen das Grundstück, auf dem 1884 die heutige Synagoge im neomaurischen Stil eingeweiht wurde. Das ursprüngliche Gebäude ist heute das Wahrzeichen der Stadt, die Mole Antonelliana (Sitz der Nationale Filmmuseum). In der Synagoge ist es möglich, die Ausstellung in der Galerie des Klienen Tempels zu besuchen und die Bibliothek zu betreten. In Vercelli sind der 1878 fertig gestellte Haupttempel und die Sammlung sakraler Gegenstände des Museums bei Führungen zugänglich.